Die Bedeutung einer gelingenden Elternschaft nach einer Trennung für die betroffenen Kinder und Jugendlichen

Insgesamt gibt es immer mehr Trennungen und Scheidungen von denen auch Kinder und Jugendliche betroffen sind.
Die meisten Eltern können sich nach einer ersten schwierigen Trennungsphase
gut befrieden und weiterhin gemeinsam für  ihre Kinder sorgen und den Umgang regeln.
Allerdings bleibt in manchen getrennten Familien über Jahre eine Anspannung und ca. 10% der Eltern gelingt die getrennte Elternschaft gar nicht. Hier bleibt eine hohe Konflikthaftigkeit über Jahre erhalten oder es kommt sogar zum
Kontaktabbruch zwischen den Kindern und einem Elternteil.

Für die Kinder bedeutet das, über Jahre in einem vernichtenden Spannungsfeld
zwischen den beiden Menschen groß zu werden und leben zu müssen, die sie
doch am meisten lieben und brauchen. Die Folgen für diese Kinder sind verheerend und können das Ausmaß einer psychischen Kindeswohlgefährdung
annehmen.
Sie fühlen sich schuldig, ständig zwischen den Eltern hin- und hergerissen. Sie
werden mit Erwachsenenkonflikten und Emotionen belastet, die sie nachts nicht
schlafen lassen und zu übermäßigem Grübeln, Unruhe, Aggressionen, Rückzug, großer Traurigkeit oder anderen Symptomen führen können.
Die Sorge, dass sie ein Elternteil ganz verlieren könnten und ihnen noch mehr
der "Boden unter den Füßen" weggezogen wird, stresst sie so sehr, dass sie sich nicht mehr konzentrieren können, weil ihre Gedanken nur noch um die schwierige familiäre Situation kreisen.
Sie werden psychisch überfordert, wenn sie die Eltern trösten oder für sie
Absprachen regeln sollen. Sie können Ärger und Streit zwischen den Eltern nicht
mehr ertragen, weil sie wissen, dass nur ihretwegen gestritten wird.
Manche Kinder denken sich, wenn sie selber einfach nicht mehr da wären,
müssten die Eltern nicht streiten. Sie hätten endlich ihre Ruhe.

Diese Kinder können ihre Entwicklungsaufgaben, wie soziale und schulische
Anforderungen, nicht mehr angemessen wahrnehmen.

 

Sie haben große Sehnsucht nach den liebevollen Eltern, bei denen sie sich
geborgen fühlen können und die wissen, dass Kinder sich eigentlich nur einen
unbeschwerten Kontakt zu beiden Elternteilen wünschen. Sie sind sich nicht
mehr sicher, ob ihre Eltern sie noch lieb haben.

Wenn der Kontakt zu einem Elternteil sehr schwierig oder nicht möglich ist
oder dieser ständig abgewertet wird, ist eine gesunde Identitätsentwicklung in
der Pubertät kaum möglich.

Die Jugendlichen, die in ihrer Biografie eine konflikthafte, über Jahre
spannungsgeladene Trennung der Eltern oder einen Kontaktabbruch zu einem
Elternteil erlebt haben, laufen Gefahr schwere eskalierende Symptomatiken bis
hin zu psychiatrischen Erkrankungen zu entwickeln.
Manche wenden sich von den Erwachsenen ab und sind kaum noch erreichbar.
Die Bandbreite reicht von depressivem Rückzug bis hin zu offenem aggressiven,
manchmal straffälligen  Verhalten.
Sie sind unbändig wütend und enttäuscht von den Erwachsenen und suchen
den nötigen Halt bei ihren Freunden. Der Zugang zu diesen Jugendlichen wird
manchmal so schwierig, dass nur noch eine Fremdunterbringung als letzte Hilfe
bleibt. Für die Eltern ist es oft die einzige, hilflose Möglichkeit der Schadens-
begrenzung, für den Jugendlichen ist es eine weitere Trennungskatastrophe.
Eine tragische Entwicklung für alle Beteiligten bei der letztendlich alle verloren
haben.

Laut einer Statistik der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung haben 70%
der Kinder und Jugendlichen in Fremdunterbringungen (Pflegefamilien, Heime)
einen Trennungs- und Scheidungshintergrund. Jede Trennung kann für Kinder
und Jugendliche zu einer traumatischen Lebenserfahrung werden, wenn die
strittigen Eltern die Bedürfnisse ihrer Kinder zu sehr aus dem Blick verlieren.

Wenn die Eltern es schaffen, in der oft schwierigen und chaotischen ersten
Trennungsphase sich unterstützende und deeskalierende Hilfe  zu suchen,
muss es gar nicht erst dazu kommen, dass „hohe Mauern und tiefe Gräben“
errichtet werden.

Im Interesse einer Stabilisierung und psychisch gesunden Entwicklung der
betroffenen Kinder und Jugendlichen müssen beide Elternteile daran arbeiten,
eine kooperierende Elternschaft zu entwickeln. Wenn Eltern ihre Kinder wirklich
lieben, gibt es nur diesen einen Weg.